EU kappt Handygebühren - Konzerne empört
Netzgebühren sollen gedeckelt, Telefonate aus dem Ausland billiger werden. Der EU-Beschluss entsetzt die Mobilfunk-Anbieter: Eine Begrenzung der Roaming-Gebühren sei unnötig - und gefährde den Wettbewerb. Experten sehen das ganz anders.
Berlin - Bislang müssen die Verbraucher im Ausland für Telefonate mit der Heimat tief in die Tasche greifen: Minutenpreise von bis zu drei Euro sind keine Seltenheit. Schuld daran sind die sogenannten Roaming-Gebühren, die für die Nutzung fremder Mobilfunknetze fällig werden. Für sie soll nun eine Obergrenze festgelegt werden, so der Beschluss der EU-Minister bei einem Treffen am Rande der Cebit.
Dieses Beschluss war nicht selbstredend. Die Mobilfunk-Anbieter haben die nationale regierungen unter starkem Druck hesetzt und viel investiert in Lobbying in Brüssel.
Experten sind begeistert: "Die teilweise riesigen Kostenunterschiede innerhalb Europas sind nicht nachvollziehbar", sagt Matthias Hamel von der Beratungsgesellschaft Solon. Auch nach den geplanten Preissenkungen kämen die Unternehmen auf ordentliche Margen bei Auslandstelefonaten.
Die Anbieter reagierten dagegen weniger erfreut auf den EU Vorstoß. Sollte die Regulierung tatsächlich kommen, würde das den Wettbewerb zum Erliegen bringen, sagte Vodafone-Deutschland-Chef Friedrich Joussen zur Nachrichtenagentur dpa-AFX. Ein T-Mobile-Sprecher argumentiert, die Roaming-Regeln seien aus Verbrauchersicht gar nicht nötig - die Konkurrenz unter den Anbieter sorge auch so für günstige Tarife. "Die Tendenz zeigt ganz klar, dass die Preise für Telefonate im Ausland sinken."
Mein 'Vodafone'-Klient in Belgien, Proximus, bietet tatsächlich neue, weniger hohe, Tarife an. Die sind aber begrenzt in Verbindungszeit und via einem speziellen Auslandsgebühr von 85 eurocent pro Appell. Es ist nicht klar, ob auch die Appell-Empfängstgebühren die für Auslandsgesprächen aufgelegt werden, auch sinken. Ebensowenig ist klar, ob SMS-Berichte billiger werden. Spiegel:
Tatsächlich hatten die führenden Anbieter in den vergangenen Monaten ihre Tarife immer wieder gesenkt - allerdings vor allem in der Hoffnung, so die immer wieder angedrohten Roaming-Höchstgrenzen noch verhindern zu können.
"Wir können das nicht dem Markt überlassen"
Aus Sicht der EU sind die Preise trotzdem immer noch zu hoch. Eine Regelung sei aus Gründen des Verbraucherschutzes deshalb wichtig, erklärten heute EU-Medienkommissarin Viviane Reding und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU). "Wir können das nicht dem Markt überlassen", sagte Glos nach dem Treffen der zuständigen EU-Minister.
Deren Beschluss zufolge soll nun noch im ersten Halbjahr 2007 eine entsprechende Gesetzesvorlage ausgearbeitet werden, die bis Juni endgültig unter Dach und Fach sein soll. Offen ist derzeit noch, wo genau die Grenze gesetzt wird. Ein Sprecher Redings hatte am Rande des Minister-Treffens erklärt, es zeichne sich offenbar eine Obergrenze von rund 50 Cent ab. Die Nachrichtenagentur dpa-AFX schrieb wenig später, nach jüngsten Informationen peile die Kommission für Anrufe ins Heimatland eine Obergrenze von 44 Cent pro Minute an und von 15 Cent bei eingehenden Anrufen. Reding, Glos und Bundeskanzlerin Merkel hatten zuvor 50 beziehungsweise 25 Cent vorgeschlagen. Die Deutsche Telekom veranschlagt derzeit 59 Cent pro Minute.
Die Senkungen der Gebühren, wie sie von den EU-Behörden vorgeschlagen werden, sind viel wichtiger:
Die EU-Kommission hatte bereits vergangenen Sommer vorgeschlagen, eine Roaming-Höchstgrenze festzusetzen. Das könne zu Preissenkungen von bis zu 70 Prozent führen, hieß es aus Brüssel: Von den geschätzten 8,5 Milliarden Euro im Jahr, die in der EU an Roaming-Gebühren fällig werden, würden also rund fünf Milliarden Euro wegfallen. Einer Deckelung der Preise müssen die Minister der Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament absegnen. Das hatte allerdings schon Zustimmung signalisiert.
Aber die Zustimmung der EU-Regierungen steht noch aus. Man sollte sich beeilen, um die nationale Parlamente im Bilde zu bringen, denn die Regierungen der EU-Staaten lassen sich bis jetzt in hohem Masse von (kleineren) nationalen Anbietern beeinflussen!
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