Wir zitieren unten aus einer bemerkenswerten Artikel des CER Direktors Charles Grant.
Es handelt sich um das EU-Vertragskompromiss das von Deutschland in Juni 2007 voraussichtlich vorgeschlagen werden wird. Es wird ein sehr wichtiges Schicksalsmoment sein in dem Verhältniss Grossbrittanniens zu Europa. Die sache wird noch kompliziert von wegen der Umstand dass ungefähr am selben Moment Herr Brown erwartungsgemäss Herrn Blair als Prime Minister ersetzen wird.
- Ich stimme mit Grants Evaluation der Positionen der Regierungen überein. Ich werde hier, und in den anderen EuroBlogs noch etwas meinerseits hinzufügen.
Lesenswert!
Grossbrittannien würde unklug sein, wenn es den Vertagsplan der Angela Merkel entgegenarbeite.
Von Charles Grant (Direktor des Centre for European Reform)
Veröffentlicht in den Financial Times: 2. April 2007 (Copyright The Financial Times Limited 2007), und, 3. April, auf der CER Website (zugänglicher, copyright CER)
Kurzfassung:
Deutschlands Ambition zur Rettung grosser Teile des europäischen Grundgesetzesvertrags, könnte führen zu einen ernstzunehmenden Riss zwischen Grossbrittannien und seinen Partnern.
Tony Blair und Gordon Brown möchten hart aufeinander stossen über die Frage, was zu tun mit der deutschen Initiative. Doch man scheint in dem VK im Allgemeinen zu denken, dass EU-Vertragsänderung irrelevant sei.
Etwas wie eine einheitliche Auffassung herrscht unumstritten sowohl bei Finanzamtbeamtern, als auch bei Führern der Konservativen und dem Wochnblatt The Economist: Sie sagen dass die EU eine Vertragsänderung vergessen sollte, und stattdessen sich beschäftigen mit wichtigern Herausforderungen, wie der Vervollständigung der Doha Handels Runde, der Sanierung des EU-Haushaltsplans, der Kohlstoffemissionen und ökonomischer Umgestaltung.
Aber, die EU wird ausserstande sein um diese wichtige Sachen anzupacken, wenn sie nicht erst eine Vertagsänderung ausgehandelt habe.
Eine logische, und, m.E., unumgängliche Feststellung. Jedoch: Würde eine EU, die grundgesetzmässig-, administrativ- und politisch festgelaufen sei, einen so wichtiges Nachteil darstellen für die britische 'Business'-Welt? Zumal, wenn man sie vergleicht mit der heutigen Zustand? - Ich habe meine Zweifel. Entweder eine vorläufige Aufhaltung der EU-Ausweitung (denn es gibt kaum ökonomisch interessante Partner deren Zutritt anstehe), noch Klimatsänderungsanweisungen (schon immer keine Tophits für die Industrie) oder Landwirtschaftsreforme (denn England ist sowieso weniger bezogen dank seinem Rabatt), könnten, m.E., die britische Tycoons, obwohl sie merklich europafreundlicher sind als die Bevölkerung im Allgemeinen, in Bewegung setzen zwecks eines dramatischen londoner Europapolitikumbaus.
Die Umrisse des Merkel-Kompromisses
Grant meint dass die deutsche Vorschläge des Juni ungefähr dieses enthalten werden:
Die Deutschen möchten eine Gutheissung des EU-Gipfels in Juni bekommen für ein Zeitpfad zu eine Konferenz zur Amendierung der bestehenden Verträge, sowohl als auch für einen Umriss einer Übereinstimmung über die vorgeschlagenen Vertragsänderungen.
Der neue Vertrag würde nicht "grundgesetzlich" heissen und würde keine Verweisungen nach Europavolkslieder oder -Fahnen mehr enthalten. Dennoch, er würde die wichtigsten institutionellen Befügungen des früheren Vertragsentwurfs beibehalten (wie die mehrjährige EU-Präsidentschaft, einen EU-Auswärtiges Amt und neuen Abstimmungsregelungen).
Die Grundrechtsbestimmungen der EU-Bürger würden aber der Revision zum Opfer fallen.
Die Deutschen wollen bestimmen, dass das institutionelle Paket ununterhandelbar sei, weil es von Anfang an schon ein delikates Kompromiss gewesen ist; wenn ein einzige Regierung es zu amendieren versuche, würden alle Andere dasselbe für sich verlangen.
Die Verlust der Bügerrechtsbestimmungen schwer verdauend, meint Ihr Blogger doch, dass es mit einem dergleichen Kompromisse zu leben wäre. Ich erwarte, übrigens, dass die Not an einer solchen Bestimmung sich bald fühlen lassen wird, wenn man in Ernst mit Zutrittskandidaten verhandeln wird, und deren Bürgerrechtsbestimmungen auf EU-Ebene bringen möchte. Kommt Zeit, kommt Rat.
Alles im Allen: Ein geschicktes Kompromiss.
Grant:
Es sieht danach aus, dass die Mehrheit der 27 Mitgliedsstaaten, nicht nur die 18 die schon das Grundgestzesvertrag unterschrieben haben, den deutschen Vorschlag unterstützen werden. In Frankreich, hat Nicolas Sarkozy schon erklärt dass er, wenn zum neuen Präsidenten gewählt, die Deutschen unterstützen werde und das neue Projekt im Parlament verabschieden lassen. Auch Bayrou würde eine parlamentarische Verabschiedung befürworten, während die Ansichten der Ségolène Royal dazu nich ganz klar sind. Sie hat ein neues Referendum versprochen.
Weiter, gibt es nur die holländische, tschechische und polnische Regierungen die ihren Zweifel haben angesichts des deutschen Vorschlags.
Auf den beiden zentraleuropäischen Zweiflern, und - vor Allem - auf der niederländischen Zustand, komme ich nächstens zurück. Kommentare über Frankreich in "L'Europe Chez Soi".
Grant warnt vor der Illusion dass diese Vier, oder nur einer von diesen Staaten, effektiv mit dem VK mitmachen würden:
Es würde unklug sein, wenn die Briten damit rechnen würden dass andere Staaten sich mit ihnen verbinden würden um die Vorschläge der deutschen Kanzlerin zu senken. Sie erscheint mehr und mehr wie eine tatkräftige, leistungsvolle Führerin, die die europäischen Gipfeltreffen an denen sie teilgenommen hat, gar dominiert hat.
Andere Landeshäupter werden sich zweimal beraten, bevor sie es wagen, eine Verhandlung mit einem Veto zu treffen, mit der sie sich eine Bekrönung der deutschen EU-Präsidentschaft versprochen hat.
Wie sieht es am englischen Ende der kommenden Verhandlungen aus?
Kompromiss-innerhalb-des-Kompromisses?Grossbrittannien hat Not an einer klaren Strategie in Sachen EU-Vertragsänderung. Herr Blair wird wahrscheinlich noch das VK repräsentieren in Juni, aber Herr Brown wird, in aller Wahrscheinlichkeit, ihn ersetzen innerhalb wenigen Tagen. [Folgen interessante Konjekturen über Blair der die Präsidentschaft Browns soviel wie möglich erschweren möchte, HR.] [...] Die Anhänger des Brown sind besorgt, dass Herr Blair den Vorschlag unterschreiben könnte und versuchen ihn dem Herrn Brown aufzudringen. Brown-Leute versichern dass er so etwas nicht mitmachen würde.
[..]
In einer EU, eingebunden von einer institutionellen Erlähmung, und mit Grossbrittannien weiter marginalisiert, würden die meisten Mitgliedstaaten sich nach Frankreich und Deutschland richten für Führung. Frau Merkel, zusammen mit dem neuen französischen Präsidenten, würde die Europa-Agenda beherrschen. Deise Beiden, aber auch Andere, würden wahrscheinlich neue Zusammenschlüsse schöpfen, unter Ausschliessung von unbequemen Mitgliedern wie Grossbrittannien. [Der Nizza-Vertrag, das in diesem Falle gültig bleiben würde, ermöglicht den Zusammenschluss von "Vorhut"-Koalitionen, die unter sich weitergehende Bestimmungen zur Zusammenarbeit und Souveränitätsteilung verabreden könnten, HR]
Nichts von diesem wäre gut für Grossbrittannien. Es sollte dafür streben nach ein Kompromiss mit seinen Partnern, und bereit sein, um Vieles aus dem Merkel-Pakete zu verkraften.
Grant versucht letztens um den Umriss eines englischen Kompromisses mit dem Kompromisse zu mahlen:
Aber sie [Merkel, HR] sollte jede neue EU-Befügniss über den nationalen Staaten auslassen, denn so etwas würde das VK zu einem Referendum zwingen. Folgerichtig, würden die meisten Bestimmungen betreffs Mehrheitsabstimmungen verschwinden müssen, ausgenommen diejenigen, wo es tunlich wäre um an Grossbrittannien das Recht des "Opt-Outs" zu erteilen.
Würde so etwas möglich sein? Ich bezweifle es. Eine dergleiche Ausnahmebestimmung würde, wie Grant selbst sagte, eine Lawine von ähnlichen, einander ausschiessenden, Vorschlägen anderer Staaten auslösen.
Meine Meinung: Mit nationalen Regierungen wird entweder Konsenz- oder Mehrheitsbeschluss nie wirksam werden
Regierungen der nationalen EU-Mitgliedsstaaten haben, sui generis, andere Prioritäten als das Ganze des europäischen Raums. EU-gerichtete Beschüsse, besonders diejenige die Opfer fragen von bestimmten Nationalstaaten oder die impopulär sind in einer Heimat die, z.B., nächstens zur Wahl aufgerufen werden soll, werden nie durchgehen. Es ist also eine fast akademische Frage, ob mehr Mehrheitsbeschlüssen im Europarat wirklich etwas verbessern würden im Vergleich zur heutigen Zustand.
In der aktuellen Lage, kann aber nicht von Deutschland erwartet werden, dass es die Joschka-Fischer Vorschläge zur parlamentarischen und föderativen Reform wiederbelebe. Auch dieses muss warten. Inzwischen, in der Perspektive einer besseren Lösung dieses Problems, könnte man vielleicht Energie sparen im Felde der Reform des Europarates. In einer effektiven EU soll er sowieso ersetzt werden müssen von einer Art Senat, wo regional gewählte - und nicht an ihren Nationalgouvernements gebundene-, territoriale Abgeordnete das Ganze dienen, unter Berücksichtigung ihrer territorialen Wähler.
Aber das ist noch ein weites Feld. Wenn die andere institutionellen Reformen in Berlin durchkommen würden, würde es die Vernächlässigung der Ausbesserung der Europaratsprozedüren genügend kompensieren.
Deutschland und viele Andere werden nicht leicht gewonnen werden für dergleichen Konzessionen, weil Grossbrittannien ja schon den ursprünglichen konstitutionellen Vertrag unterzeichnet hat, es bewertend wie eine grosse Unterhandlungsleistung. Aber, ohne eines Kompromisses zwischen GB und den andern Partnern, werden herbe grundsätzliche Differenzen fortwährend die EU erlähmen, und ihre Beschäftigung mit tatsächlich wichtigen Angelegenheiten verhindern.
(Artikel teilweise gestern in Englisch veröffentlicht in At Home in Europe - Link).
Der Fall "Niederlände" bald in In Europa Thuis [NL].
Ist Nicolas Sarkozy deutschfeindlich?
AntwortenLöschenZurück zur Präsidentschafstwahlrede von Caen
Freitag 30. März 2007 - Cédric Puisney , Mélanie Henneberger
http://www.taurillon.org/Ist -Nicolas-Sarkozy-deutschfeindl ich
Video --> Sarkozy angreift Deutschland :
http://www.dailymotion.com/featured:by/rachelmini/video/x1n371_sarkozy-insulte-lallemagne
Stellen wir uns vor, Angela Merkel hält eine Wahlkampfrede: " Im
Endeffekt haben wir allen Grund dazu, stolz zu sein auf unser Land,
seine Geschichte...Ich akzeptiere nicht, dass man von den Söhnen
verlangt, dass sie für die Fehler ihrer Väter büßen müssen. Ich
akzeptiere nicht, dass man immer die Vergangenheit mit den Vorurteilen
der Gegenwart beurteilt..."
Nein, wir können uns solch eine Wahlkampfrede in Deutschland nicht
vorstellen, selbst wenn die Stimmen, die einen stärkeren Patriotismus
fordern, lauter werden. In Frankreich hingegen sind solche Reden
durchaus an der Tagesordnung. Nicht nur Nicolas Sarkozy, aus dessen
Rede am 9. März 2007 in Caen [1] die obigen Sätze entwendet wurden,
sondern auch Jacques Chirac [2] bezog sich regelmäßig mit
patriotischen Worten auf die französische Nation. So begann er
beispielsweise seine Abschiedsrede mit den Worten: ,,Heute Abend
präsentiere ich mich Ihnen mit der Liebe zu und dem Stolz auf
Frankreich im Herzen" .
Aufgrund der Geschichte ist es natürlich verständlich, dass in
Deutschland auf jeglichen Anflug von Nationalismus äußerst sensibel
reagiert wird. Eine Vergangenheit, die Frankreich in diesem Ausmaß
nicht teilt, auch wenn zu Zeiten des Vichy Regimes die Franzosen nicht
nur dem Widerstand angehörten. Was an der Rede Sarkozys jedoch weitaus
mehr schokiert, ist die Kombination aus überzogenem Nationalismus und
der völligen Abwesenheit jeglichen Bezugs auf die Europäische Union
oder andere bi- oder multilaterale Institutionen.
In der Abschiedsrede Chiracs war, trotz des ausgeprägten Patriotismus,
ein starker Bezug auf die Bedeutung der europäischen Integration
vorhanden. Sarkozy hingegen erwähnt nicht nur die Europäische Union
mit keinem Wort, er schürt darüber hinaus auch antideutsche
Ressentiments: ,,Denn Frankreich ist nie der totalitären Versuchung
erlegen. Es hat nie ein Volk ausgelöscht. Es hat nicht die Endlösung
erfunden, es hat weder Verbrechen gegen die Menschlichkeit noch
Genozid begangen."
Wie könnte ein zukünftiger Präsident Sarkozy, der so explizit die
Deutschen angreift, den deutsch-französischen Motor am Laufen halten?
Haben wir zu erwarten, dass im Falle einer Präsidentschaft Sarkozys
die deutsch-französische Freundschaft ins Stocken gerät? Selbst in
seinem Diskurs über die Europäische Union am 21. Februar in Straßburg
[3] wurde Deutschland nur am Rande, in Bezug auf den zweiten Weltkrieg
und die Verdienste de Gaulles für die Versöhnung der ehemaligen
Feinde, erwähnt. Einzig Adenauer wird als bedeutende Persönlichkeit
hervorgehoben.
Haben gute deutsch-französische Beziehungen für Sarkozy heute
keinerlei Bedeutung mehr für die Konstruktion eines gemeinsamen
Europas? Müssen wir befürchten, dass Sarkozys Äußerungen im Hinblick
auf Airbus nicht nur Wahlkampfgebrüll waren, sondern vielmehr einen
Stimmungswechsel im deutsch-französischen Gefüge andeuten? ,,Wir
sollten mit dieser französisch-deutschen Gleichheit aufhören" [4] -
gilt dies etwas auch für andere Politikbereiche?
Oder schlimmer: Wenn Sarkozy die französische Meinung repräsentiert,
kann man daraus ableiten, dass Frankreich deutschlandfeindlich ist?
Hat Frankreich etwa, 60 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs,
noch immer Probleme mit der Gleichwertigkeit des deutschen Nachbarn?
Einige Fakten scheinen diese Hypothese zu erhärten. Der späte
Anschluss Straßburgs an den TGV, die ihn als letzte große französische
Stadt bekam, zeigt er nicht vielleicht auch die Angst, an den Feind
von gestern, dessen Hauptstadt sich viel offener gegenüber Europa
zeigt als die jacobinische, zu eng angebunden zu sein? Und was ist mit
dem 8. Mai [5] , der französischen Feier, falls es denn eine ist, bei
der man nicht das Ende der europäischen Barbarei feiert, sondern
vielmehr den Sieg des ,,letzten Krieges" (wobei der Algerienkrieg
niemals existiert hat) wobei das Frankreich von 1945 die siegreiche
Nation und Deutschland die verlierende ist?
Die Rede Nicolas Sarkozys ist in diesem Sinne recht symptomatisch für
eine manichäische Sichtweise, die seit sechs Jahrzehnten im
französischen Unterricht gepflegt wird.
Glücklicherweise dürften die Gedankenlosigkeiten des Herrn Sarkozy
nicht ausreichen, um die deutsch-französischen Initiativen zu
erschüttern, die, wie das deutsch-französische Geschichtsbuch, für
unsere Schüler mit ein bißchen mehr Objektivität die wenig glorreiche
Vergangenheit dies und jenseits des Rheins nachzeichnen. Dies sind
wichtige Schritte für ein gemeinsames Voranschreiten anstelle von
verfälschenden oder nachtragenden Reden, die Europa nicht mehr nötig
hat.
Video --> Sarkozy angreift Deutschland :
http://www.dailymotion.com/featured:by/rachelmini/video/x1n371_sarkozy-insulte-lallemagne
------------------------------ ------------------------------ --
[1] http://www.sarkozy.fr/press /index.php?mode=cview&press_id =88&cat_id=3&lang=fr
[2]
http://www.elysee.fr/elysee /elysee.fr/francais/interventi ons/interviews_articles_de _presse_et_interventions _televisees/2007/mars/declarat ion_televisee_de_m_jacques _chirac_president_de_la _republique.74076.html
[3] http://www.sarkozy.fr/press /index.php?mode=cview&press_id =70&cat_id=3&lang=fr
[4] http://www.spiegel.de/wirtscha ft/0,1518,470048,00.html
[5] französischer Nationalfeiertag zum Waffenstillstand des 2.
Weltkrieges