Der Spiegel, heute:
Tricks, Vorwürfe, Appelle: Bundeswehr wird nach Südafghanistan gedrängtDie Niederländer, die laut CNN "hoch über ihren Kräften" reichen um den Amerikanern im Süden Afghanistans ein Gefallen zu tun, sind in grossen Problemen geraten, seit Freitag bekannt wurde, dass holländische Militärgeheimdienstler 2003 in Irak (schon) Folter verübten auf irakischen Häftlingen.
Berlin beharrt auf seiner Position - und reizt die Verbündeten: Die Bundesregierung will keine Soldaten nach Süd-Afghanistan schicken. Doch ein hochrangiger Beamter des US-Verteidigungsministeriums fordert: Auch die Deutschen müssen ins Taliban-Gebiet."
Im Süden toben heftige Kämpfe mit Taliban-Rebellen. Weil sich Deutschland aber mit der Bundeswehr auf den - relativ - sicheren Norden konzentriert, steht Berlin seit Wochen bei Amerikanern, Briten und Kanadiern in der Kritik.
So beklagt nun ein nicht genannter, hoher Beamter des US-Verteidigungsministeriums laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" Mandatsbeschränkungen für viele Armeen in dem Land. "Wir hassen solche Vorbehalte. Sie vertragen sich nicht mit einem solidarischen Verhalten", wird der US-Beamte zitiert. Die Bundesregierung müsse einen Schritt weiter gehen. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein Land sich grundsätzlich gegen die Verlegung seiner Einheiten in bestimmte Landesteile sperre, sagte der Beamte. "Der Befehlshaber in Afghanistan muss die Deutschen morgens anrufen können und ein Bataillon für den Einsatz im Süden anfordern. Das muss dann abends dort sein."
Im vorgehenden Artikel, haben wir klargemacht, dass diese Praktiken höchstwahrscheinlich ab 2004 von der niederländischen MIVD unter amerikanischen Führung weitergetrieben worden sind im Osten und Süden Afghanistans. Der heutige holländische Oberbefehlshaber General Berlijn hat vorige Woche in einer brüsseler NATO-Sitzung scharfe Kitik geübt auf der US-inspirierte Vorgehensweise der NATO-Truppen in Helmand, Kandahar, usw. Er hat sich dabei ähnlichen Kritiken zugezogen als die Deutschen, seitens der Amerikanern, der Engländern und der Kanadiern.
Mir ist klar, dass die holländische Militärs, im Gegensatz zu ihrer politischen Vorgesetzten, genug haben vom US-Terror ("Embedded" amerikanische Offiziere bei holländischen Kommando-Einheiten in Afghanistan stacheln zu Kriegsverbrechen an), und das sie, wahrscheinlich, absichtlich das Skandal von Gestern (Folter in Irak) bekanntgemacht haben. Dies wird, früher oder später, zum Abzug der Niederländern aus der südafghanischen Provinz Uruzgan führen. Deshalb wird noch mehr Druck ausgeübt auf den Deutschen, um die Platz der Holländer einzunehmen.
Aber, laut Spiegel-Bericht, bleibt die deutsche Regierung abweisend, und:
Auch eine Mehrheit der Deutschen ist gegen einen Bundeswehreinsatz im Süden Afghanistans. 82 Prozent seien dagegen, dass sich die Bundeswehr an Kampfeinsätzen im Süden des Landes beteilige, wie eine Umfrage von TNS Infratest im Auftrag des SPIEGEL ergab. Nur 17 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus.
In Berlin wird auf die Kritik am deutschen Beitrag zunehmend gereizt reagiert. Erst am Freitag hatte ein Sprecher von Außenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) in der Bundespressekonferenz erklärt, Deutschland müsse sich in Sachen Afghanistan-Engagement nichts vorhalten lassen. Der Sprecher forderte auch dazu auf, die "aufgeheizte Debatte" zu versachlichen.
Eine Hoffnung, die sich angesichts der andauernden Kritik, die öffentlich und auch in anonymer Form über den Atlantik hinüberweht, offenbar so bald nicht erfüllen wird.
Aber doch. Mit den demokratischen Mehrheiten in Kammer und Senat wird es aus sein mit den terroristischen und erniedrigenden Praktiken der westlichen Interventionen in Afghanistan und in Irak. Dann könnte eine andere, zivilisiertere und intelligentere Strategie ausgearbeitet werden, wie sie Karzai und seine Regierung seit langem wünscht. Eine Strategie, die auch Europa unterschreiben könnte, und worin Deutsche, sowie als Holländer, ihren Platz einnehmen könnten.
Jedenfalls, wird die aktuelle Position der Deutschen es der holländischen Regierung unmöglich machen, dem Publikum weiszumachen dass es zu ihrem Standpunkt in Sachen Afghanistan keine Alternative gäbe ...
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