Seit Monaten verfolge ich in meinen Euroblogs die Geschichte des "Roamings".
Roaming gibt es, wenn Du im Ausland dein Handy einschaltst und über ein ausländisches Netz anrufst, oder angerufen wirst. (Oder SMS sendst und empfängst.)
Die Gebühren die für Roaming angerechnet werden, sind ausserordentlich hoch. Technisch, gibt es dafür keinen Grund. Die Übertragung von Signalen ist völlig automatisiert, auch zwischen des nationalen Netzwerken.
Ich bin auf diese Sache gefasst, weil:
- ich täglich unter diese Wahnsinn leide, weil ich, von einem kleinen Lande aus, in einem grossen Teil Europas beruflich arbeite, also, wenn ich nur 100 oder 150 Km vom Hause bin, schon diese extra Gebühren zahlen muss;
- es ein schönes Beispiel ist von der Ohnmacht des "freien" Marktwirkens, um allgemeine Dienste zu besorgen, ohne einer strikten (und kostspieligen) Reglementierung;
- es eine Chance bietet für die Europäische Union (Kommission), um ein konkretes, und für jeden Eurobürger fühlbares Unterschied zu machen.
Auf europäischen Ebene wird jetzt vorgeschlagen, ein europaweites Maximum-Tarif festzulegen für Roaming. Die "Provider (Netzwerkbetreiber)" Unternehmen wehren sich dagegen mit allen Mitteln, denn die höhe Roaminggebühren generieren etwa 25% ihrer Gewinnen. Bestimmte Regierungen unterstützen die (nationalen) Provider. Wenn wir nichts tun, wird in den brüsseler Hinterzimmern die europäische Reglementierung von denen abgeschossen werden.
In einflussreichen Zeitungen wie der Financial Times, ist einer wahren Guerrillakrieg im Gang gesetzt worden gegen diese geplanten europäischen Reglementierung.
22. September hat noch einer, von Vodafone bezahlten, "Experte" (Stephen Littlechild: "Brussels has got in wrong on roaming charges", [subscription required]) in den redaktionellen Kommentar-Spalten des FT zu beweisen gesucht, dass behördlich festgelegte Maximum-Tarife zu eine .... Erhöhung der Gebühren führen würde!! Thatcherianische Wahnsinn, die zeigt, dass dieses Gefecht hart sein wird.
Bei UMTS-Roaming sind die Gebühren noch viel extremer als beim normalen Handy-Verkehr. Das hat jetzt auch "Der Spiegel" bemerkt, wenn das Blatt 3.500,- Euro bezahlen musste für einen einzelnen Tag UMTS-Roaming von einem seiner Korrespondenten bei der Tour de France, diesen Sommer. Und so ist es geschehen, dass wir, Roaming-Konsümenten, plötzlich einen Verbündeten bekommen haben aus dem Lager der sonst so marktliebenden Presse.
Ein aktiver Verbündete, eben, denn der Spiegel ruft seinen Leser zur Protestaktion auf:
UMTS-RECHNUNGENHaben Sie auch schon den UMTS- Schock nach Urlaub oder Geschäftsreise erlebt? Was war Ihre extremste Telefonrechnung? Schreiben Sie uns eine E- Mail, an spon_zusendung@spiegel.de, Stichwort UMTS!
In Europa gibt es praktisch nur drei grossen Unternehmen die UMTS anbieten können in mehreren Ländern: Vodafone (EN), Deutsche Telekom und Orange (FR). Vodafone hat, als Antwort auf der Aktion de Europakommission, seine Tarife etwas gemässigt, und angekündigt dass nächstes Jahr eine weitere Senkung vorgesehen sei. Aber Andere, wie z.B. O2, aus England, haben die Europakommission beim Gericht angeklagt um Zeit zu gewinnen.
Die Lage wird vom "Spiegel" gut gekennzeichnet:
14 Euro für ein Megabyte ungeschützten Verkehr
Während eine UMTS-Flatrate für Rechner oder Handy innerhalb Deutschlands etwa 40 bis 55 Euro pro Monat kostet, wird im Ausland ein Vielfaches solcher Summen fällig. Vor allem, wenn man nicht das Partner-Netz des eigenen Betreibers, sondern ein anderes erwischt, wird das Surfen noch einmal drastisch teurer: Solch ungeschützter UMTS-Verkehr kommt im Ausland schnell auf einen Preis von 14 bis 15 Euro pro Megabyte - egal, bei welchem Betreiber man in Deutschland seinen Vertrag hat.
Zur Orientierung: Wer einmal die Startseite von SPIEGEL ONLINE aufruft, hat damit schon knapp 500 Kilobyte verbraucht - oder eben vier bis sieben Euro, je nach Land, Anbieter und Tarif. Einmal täglich Nachrichten checken - ohne einen einzigen Artikel zu lesen - kostet im Urlaub für den unvorsichtigen UMTS-Anwender also in zwei Wochen locker mal 100 Euro. Wer viel surft, oder mit großen Dateien wie PDFs oder Videos arbeitet, kommt schnell auf noch viel horrendere Summen.
SPIEGEL ONLINE - 25. September 2006, 11:31
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/telefonkultur/0,1518,438098,00.html
unabhängige Experte stimmen überein:
Kein Wunder, dass die Benützung der technisch schon Jahrenlang bestehenden Möglichkeiten, stagniert. Die im Jahre 2000 in Lissabon von den EU-Staatsüberhaupten verkündete Sprung nach vorn, die Europa in 2010 mittels e-Kommunikation und Dot.Com zum ökonomischen Weltmeister machen sollte, leidet unter den Autodestruktionstrieb der Marktwirkungsaxiomen. Der Spiegel:"Wenn Sie mit größeren Datenmengen hantieren, sind sie im Ausland fast mit jedem Tarif übel dran", stellt Josefine Milosevic, Tarifexpertin bei der Zeitschrift "connect", fest. Brancheninsider, die lieber ungenannt bleiben möchten, werden noch deutlicher: Unter vier Augen werden freimütig Begriffe wie "Raubrittertum" und "Abzocke" benutzt.
Mobile Datendienste werden von Privatkunden bislang kaum genutzt - im Jahr 2005 etwa machten solche Dienste beispielsweise gerade mal 2,7 Prozent des Gesamtumsatzes der vier großen deutschen Mobilfunkbetreiber aus, der Großteil entfällt auf Business-Anwender. Analysten prophezeien dem Business-Segment im Mobilmarkt eine Phase der Stagnation - der Markt ist weitgehend aufgeteilt, und zwar vor allem zwischen Vodafone und T-Mobile. E-Plus und O2 fallen mit jeweils unter zehn Prozent Marktanteil in diesem Bereich kaum ins Gewicht. Wachstum ist für die Kleinen nur möglich, indem sie den Großen Kunden abjagen. Und für die Großen nur, indem sie ihren Kunden zusätzliche Dienste für zusätzliches Geld verkaufen.
Es dürfte inzwischen doch bekannt sein, dass Monopolisten und Oligopolisten ihren Gewinne oft holen aus Verlangsamung der Anwendung von technischen Erneuerungen. Microsoft ist dafür ein gutes Beispiel. Wenn es nicht möglich ist, die Markt aufzurüttelen mit neuen Spielern, soll die Reglementierungsbehörde eingreifen. Die Experte des Spiegel aber wundern sich über dieses Phänomen:
"Eigentlich sollte der Markt in diesem Bereich also besonders hart umkämpft sein - schließlich geht es um ein Wachstumsgebiet für die nächsten Jahre. "Bei Datendiensten ist man in der Branche immer etwas langsamer", sagt "connect"-Redakteurin Josefine Milosevic.Wir wissen, warum.
Die Europakommission soll jetzt durchgreifen. Für den Konsüment. Aber auch gegen die technisch und ökonomisch schädliche Trainierung der Monopolisten.
Die Kommission wird das nicht tun können, ohne einer Aufschrei von uns, der Verbrauchern.
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